In Zusammenarbeit mit:

Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)

Nachhaltige Aquakultur als echte Alternative  

Aquakultur Fischerei Nachhaltigkeit Tierwohl
Tomatenfische - Tilapia in der Aquaponik-Versuchsanlage des IGB © Ralf Günther
Tomatenfische - Tilapia in der Aquaponik-Versuchsanlage des IGB © Ralf Günther

Text: WERNER KLOAS & FABIAN SCHÄFER

Mit der Weltbevölkerung wächst auch der globale Hunger nach Nahrungsmitteln. Vor allem tierisches Eiweiß ist dabei von Bedeutung. Die wichtigste Quelle ist Fisch, der weit mehr Eiweiß enthält als Geflügel, Schwein oder Rind. Doch die Fangfischerei kann ihre Erträge nicht weiter steigern, schon heute sind die meisten Wildbestände maximal befischt oder gar überfischt. Unsere einzige Chance, den Hunger auf Fisch im 21. Jahrhundert auf umwelt- und ressourcenschonende Weise zu stillen, ist die Aquakultur. Schon jetzt ist sie der am stärksten wachsende Sektor der Lebensmittelerzeugung. Wie aber kann die Aquakultur der Zukunft aussehen?

Für diejenigen, die lieber hören, statt lesen

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Versuchsanlage Aquaponik. © David Ausserhofer
Versuchsanlage Aquaponik. © David Ausserhofer

Keine Zukunft hat eine Aquakultur, die prophylaktisch Antibiotika einsetzt, die Ökosysteme belastet, auf nichtnachhaltige Futterquellen setzt und in der Haltung den Tierschutz missachtet. Schon heute helfen uns neue Technologien, Wasser zu sparen: In teilgeschlossenen und geschlossenen Kreislaufanlagen genügen mitunter 200 Liter Wasser, um ein Kilogramm Fisch zu erzeugen. In klassischen Durchflussanlagen liegt dieser »virtuelle Wasserfußabdruck« bei 1.000 Litern pro Kilogramm, beim Huhn sind es 3.900 Liter, beim Schwein 4.800 Liter und beim Rind sogar 15.500 Liter. Ein weiterer Vorzug der neuen Anlagen ist, dass ihr Abwasser ein wertvoller Pflanzendünger ist. Die sogenannte Aquaponik kombiniert den landwirtschaftlichen Anbau von Pflanzen und die Fischzucht unter einem Dach. In unserer »Tomatenfisch« genannten Versuchsanlage konnten wir erstmals das über die Blätter verdunstete Wasser mit Kühlfallen einfangen. Der virtuelle Wasserfußabdruck sinkt so auf weniger als 100 Liter pro Kilogramm. Im Idealfall geht irgendwann kein Wasser mehr verloren.

Ein weiteres Argument für die nachhaltige Aquakultur mag vor dem Hintergrund der Debatte um die Massentierhaltung paradox erscheinen: Für manche Fischarten ist es ein Vorteil, wenn sie in großer Dichte gehalten werden. Der Schwarmeffekt setzt ein und unterbindet Aggressionen. Zudem versorgen die Kreislaufanlagen die Fische mit Wasser gleichbleibend optimaler Qualität. Sie sind weniger Stress ausgesetzt als in der Natur, wo sie unter wechselnden Parametern leben und auf Fressfeinde treffen können.

Aquaponik © David Ausserhofer
Aquaponik © David Ausserhofer

Von Bedeutung ist auch das Futter: Die Fische benötigen viele Proteine für Stoffwechsel und Wachstum, sie sind die wichtigste Nahrungskomponente. Eine wichtige Proteinquelle ist in der Aquakultur bisher Fischmehl, das aus nicht für den Menschen genutzten Fischen und recycelten Fischabfällen gewonnen wird. Eine Alternative stellt das Mehl von Insekten dar, die mit biogenen Reststoffen wie Bioabfällen und verdorbenem Getreide gefüttert werden. Sie haben einen geringen virtuellen Wasserfußabdruck und sind pflanzlichen Alternativen wie Soja und Erbsen deshalb vorzuziehen. Wir müssen allerdings klar differenzieren: Nur allesfressende Süßwasserfische wie Tilapia verwerten diese Proteine besser als zum Beispiel Geflügel. Meeresfische benötigen für die Regulation ihres Salz- und Wasserhaushalts sehr viel mehr Energie und schneiden in diesem Punkt deutlich schlechter ab als das Huhn. Andererseits geben selbst marine Fische als wechselwarme Tiere deutlich weniger CO2 ab als Warmblüter wie Hühner oder Schweine. In Zeiten des Klimawandels ist das natürlich positiv.

Tomatenfische - Tilapia in der Aquaponik-Versuchsanlage des IGB © Ralf Günther
Tomatenfische - Tilapia in der Aquaponik-Versuchsanlage des IGB © Ralf Günther

Am effektivsten und zugleich nachhaltigsten kann die Aquakultur die Weltbevölkerung also mit hochwertigem tierischen Eiweiß versorgen, wenn sie auf allesfressende Süßwasserfische setzt, die sie mit Fisch- oder Insektenmehl füttert, im Schwarm in geschlossenen Kreislaufanlangen hält, deren Abwasser sie in möglichst geschlossenen Aquaponik-Systemen weiterverwendet, um Pflanzen zu düngen.

Nur wenn wir diesen Leitlinien folgen, ist die Aquakultur allen anderen tierischen Eiweißquellen überlegen.

Um den gesellschaftlichen und politischen Diskussionen zum Thema Aquakultur ein forschungsbasiertes Fundament zu geben, haben wir – das IGB – das kostenlose Informationsportal Aquakulturinfo.de ins Leben gerufen.

Institution: Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)
Ansprechpartner/in: Werner Kloas und Fabian Schäfer

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  1. Klara

    Danke

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