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Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)

Kleiner Freund unter den Feldrobotern – Interview mit Prof. Ralf Bloch  

Agrar- und Gartenbautechnik Agrarlandschaften ländliche Räume Landwirtschaft 4.0 Ökolandbau
Das Uckerbot-Modell "Feldfreund" ist bereits auf dem Markt erhältlich. Foto: Zauberzeug GmbH

Interview: querFELDein

Roboter ackern auf dem Feld! Was heute schon vereinzelt Realität ist, wird die Zukunft der Landwirtschaft prägen. Doch bis dahin sind noch einige Hürden zu überwinden. Viele der heutigen Feldroboter sind technisch kompliziert und teuer. Gleichzeitig kommen sie in schwierigem Gelände oft nicht gut zurecht. Im Projekt “Uckerbots” entwickelt Prof. Ralf Bloch von der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE) gemeinsam mit dem Unternehmen Zauberzeug und weiteren Partnern in der brandenburgischen Uckermark Roboter, die genau diese Herausforderungen meistern sollen.

Herr Prof. Bloch, Ihr Team entwickelt Roboter speziell für die Beikrautbekämpfung im Zuckerrübenanbau in der brandenburgischen Uckermark. Warum diese Spezialisierung?

Ralf Bloch: In der Region wurden schon früher Zuckerrüben angebaut, aber nach dem Ende der DDR verschwanden sie nach und nach von den Äckern, auch weil die Verarbeitungsbetriebe geschlossen wurden. Derzeit verbessern sich die Rahmenbedingungen jedoch wieder, insbesondere für Biobetriebe. Die Nachfrage nach Bio-Zucker, zum Beispiel für Bio-Limonaden, steigt und dank einer Fabrik in Anklam werden die Zuckerrüben wieder in Ostdeutschland verarbeitet und müssen nicht wie bislang extra in die Schweiz transportiert werden. Zudem bereichert die Zuckerrübe die Fruchtfolgen im Ökolandbau, wo die arbeitsintensiven Hackfrüchte mehr oder weniger verschwunden waren. Zu viel Zucker ist ungesund, da müssen wir ehrlich sein, aber die Nachfrage steigt so oder so und es ist besser, den Zucker vor Ort zu produzieren, als ihn um die halbe Welt zu transportieren.

Warum brauchen die Betriebe in der Uckermark Roboter im Zuckerrübenanbau? Wo liegt das Problem?

Bloch: Im Biolandbau ist die Beikrautregulierung ein großes Thema. Bei Bio-Zuckerrüben bleiben auch nach dem Einsatz der gängigen Hacktechnologie zum Teil 200 bis 300 Arbeitsstunden pro Hektar übrig, die ich von Hand nachhacken muss. Chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel sind im Ökolandbau natürlich keine Option. Deshalb steigen viele Betriebe erst gar nicht in den Anbau ein. Hier können unsere Uckerbots einen Mehrwert bringen und später auch bei anderen Kulturen helfen, die arbeitsintensiv sind, aber potenziell eine höhere Wertschöpfung bringen: Gemüseanbau, Sonderkulturen, Heil- und Gewürzpflanzen etc. Die derzeit gängigen Roboter funktionieren in der Uckermark oft nicht, weil die Felder zu uneben sind. Deshalb müssen wir eine eigene Lösung entwickeln.

Warum funktionieren gängige Roboter nicht auf unebenen Feldern?

Bloch: Die Agrarrobotik muss sich erst noch in der Breite etablieren, daher werden in erster Linie Geräte entwickelt, die auf ebenen Feldern schnell eine große Fläche bearbeiten können. Das macht Sinn, denn so können sie am ehesten mit den heutigen großen Landmaschinen konkurrieren. Die Felder in der Uckermark weisen jedoch viele kleine Kuppen und Senken auf, die viele heutige Feldroboter an ihre Grenzen bringen. Wenn die Roboter zum Beispiel mit GPS-Technik arbeiten, speichern sie die genauen Koordinaten, wo ein Samenkorn gepflanzt wurde. Diese GPS-Daten nutzt der Roboter später, um den Boden in der unmittelbaren Nähe der Pflanze zu bearbeiten. Auf unebenem Gelände kann das Saatgut jedoch durch starken Regen um mehrere Zentimeter verrutschen, und schon sind die GPS-Daten unbrauchbar. Kleine Kuppen und Senken führen auch oft dazu, dass breitere Roboter mit ihren Werkzeugen in der Luft hängen.

Prof. Ralf Bloch koordiniert das Projekt "Uckerbots" und leitet an der HNEE den Masterstudiengang "Ökologische Landwirtschaft und Ernährungssysteme". Foto: Reischauer / HNEE

Was machen Ihre Uckerbots anders?

Bloch: Das fängt schon beim Kettenantrieb an, mit dem sich die Uckerbots im unwegsamen Gelände fortbewegen. Außerdem arbeiten sie nicht mit GPS, sondern mit künstlicher Intelligenz: Sie erfassen jedes Mal, wo genau eine einzelne Pflanze steht, und können dann mit ihren Werkzeugen ganz nah herangehen. Sie sind vergleichsweise langsam, weil sie aufgrund ihrer kleinen Bauweise immer nur eine Reihe bearbeiten. Um die nötige Schlagkraft auf den Acker zu bringen, sollen sie zukünftig im Schwarm arbeiten. Natürlich sollen die Uckerbots am Ende nicht nur in der Uckermark eingesetzt werden. Aber die Region ist ideal, um für diesen speziellen Einsatz zu trainieren. Das Modell “Feldfreund” ist bereits auf dem Markt erhältlich.

Warum mehrere langsame Roboter und nicht nur ein schneller Roboter?

Bloch: Wir wollen weg von einer Technik, die auf großen Flächen gleichmäßig arbeitet, aber auf der Einzelpflanze nicht das beste Ergebnis erzielt. Unsere Vision ist: Ich habe ein großes, unebenes Feld mit unterschiedlichen Bodenverhältnissen. Ich habe fünf Roboter, jeder mit einem bestimmten Werkzeug. Die drei Roboter mit den Pendelhacken fahren auf die Kuppen, die Roboter mit den Bohrern oder dem Tornado fahren in die Senken.

Unsere Roboter sollen wirklich sehr nah an der Rübe arbeiten, das geht nur langsam. Deshalb müssen wir umdenken. Das ist nicht zu vergleichen mit konventionellen Landmaschinen, die eine hohe Fahrgeschwindigkeit und Flächenleistung haben. Damit die langsamen Roboter einen Schlag in angemessener Zeit bearbeiten können, braucht man einfach einen Schwarm von ihnen. Die notwendige Technologie zur Vernetzung der Roboter untereinander wird von der IHP GmbH entwickelt. Ein Vorteil bei alledem ist natürlich, dass Roboter im Gegensatz zu Menschen nicht an Arbeitszeiten gebunden sind.

Feldtests unter realen Bedingungen und die gemeinsame Weiterentwicklung mit Praxisbetrieben sind eine wichtige Voraussetzung für den Erfolg der Uckerbots. Foto: Hans-Hagen Lutzer / HNEE

Pendelhacke, Bohrer usw: Warum reicht ein Werkzeug nicht aus?

Bloch: Die Beikrautgesellschaft verändert sich vom Jugendstadium der Rübe bis zum Bestandesschluss. Für den ersten Arbeitsgang reicht oft die Pendelhacke. Die Unkräuter, die wir damit nicht erwischen, entfernen die Uckerbots später mit dem Bohrer oder dem Tornado, einer Art Purierstab für den Acker. In Senken hält sich zudem die Feuchtigkeit besser, das Beikraut wächst dort viel üppiger als auf den Kuppen. Da gehen wir gleich mit Bohrer und Tornado rein.

Wenn ich statt eines teuren Roboters mehrere billige kaufen muss: Wo ist die Ersparnis?

Bloch: Unsere Roboter sind nicht nur simpler konstruiert und dadurch kostengünstiger: Ob ich einen, zwei oder fünf Uckerbots brauche, entscheide ich selbst. Sie sind also einfach im Einstieg. Der Betrieb muss sich nicht erst ein teures Gerät anschaffen, um überhaupt loslegen zu können. Der Geschäftsführer unseres Projektpartners Zauberzeug GmbH nennt die Uckerbots immer die “Waschmaschine” unter den Robotern. Ich finde, das ist eine schöne Umschreibung. Eine Waschmaschine hat jeder Haushalt. Die sind zwar nicht billig, aber erschwinglich.

Eine andere Idee für die Zukunft sind Dienstleister, die mit ihrem Roboterschwarm verschiedene Betriebe anfahren und dort die Rübenschläge jäten. Das ist eigentlich der Wunsch vieler Betriebe: Rübenanbau ohne große Hürden.

Neben dem günstigeren Preis sprechen Sie auch von einer einfachen Bauweise. Warum ist das wichtig?

Bloch: Das ist ein sehr wichtiger Punkt. Unsere Roboter sollen so einfach sein, dass die Nutzerinnen und Nutzer sie selbst handhaben oder sogar reparieren können. Wir wollen keine neuen Abhängigkeiten schaffen, bei denen der Betrieb ständig eine Service-Hotline anrufen muss. Unstrittig ist aber, dass bei der Umstellung auf Feldroboter auch soziale Innovationen gefragt sind. Wir brauchen Menschen in der Landwirtschaft, die diese Schwarmtechnologie beherrschen. Die kommen vielleicht aus dem IT- oder Robotik-Bereich und hatten bisher kaum Berührungspunkte mit der Landwirtschaft. Das sind zwei Welten, die wir zusammenbringen müssen. Bei aller Einfachheit: Man kann niemandem einen Roboter auf den Hof stellen und sagen: Mach mal!

Die Pendelhacke (links) und der Tornado (rechts) sind zwei der Geräte, die derzeit in die Uckerbots eingebaut werden. Fotos: Zauberzeug GmbH

Apropos sozialer Wandel: Werden Roboter den Arbeitsmarkt in der Landwirtschaft nicht grundlegend verändern?

Bloch: Ja, Roboter ersetzen hier die menschliche Arbeitskraft, aber wir müssen uns darüber im Klaren sein: Es gibt kaum noch Menschen, die schnell einen Hektar Rüben hacken. Das ist eine unattraktive Arbeit, die keiner mehr machen will, weil meist nur der Mindestlohn gezahlt werden kann. Mit anderen Worten: Feldroboter schicken keine Menschen in die Arbeitslosigkeit.

Wie läuft die Beikrautkontrolle im Anbau von Zuckerrüben ab?

Bloch: Es muss ständig gehackt werden. Die Samen werden in den Boden gebracht und dann geht es direkt los. Problemkräuter wie die Ackerkratzdistel entziehen den Rüben zu viel Nährstoffe und Wasser. Zwischen den Reihen bekommen wir sie mit konventioneller Hacktechnik ganz gut weg. Beikräuter direkt an der Rübe oder in der Reihe sind da deutlich arbeitsintensiver. Gerade hier lohnt sich die Investition in Robotertechnik. Immerhin haben Zuckerrüben den Vorteil, dass wir mit dem Roboter so lange in den Bestand hineinfahren können, bis die Blattmasse der Rübenpflanzen die Unkräuter von selbst in Schach hält.

Was ist ihr Ziel in Bezug auf die Reduzierung der Arbeitszeit auf dem Feld?

Bloch: Aus Gesprächen mit den Betrieben geht hervor, dass mit den heutigen GPS-gestützten Robotern die bisherigen 200 bis 300 Stunden Handhacken pro Hektar auf ca. 70 bis 80 Stunden reduziert werden können. Das ist schon deutlich besser, aber immer noch ein erheblicher Zeitaufwand. Mit den Uckerbots wollen wir die störenden Beikräuter so weit reduzieren, dass der kleine Rest einfach stehen bleiben kann. Die Kunst besteht darin, das richtige Maß zu finden: Je näher der Roboter mit seinem Werkzeug an die Rübe heran muss, desto langsamer arbeitet er. Das Leibniz-Zentrum für Agrarlandschaftsforschung (ZALF) untersucht außerdem, welche Beikräuter generell stehen bleiben können, um die Artenvielfalt zu fördern.

Förderhinweis

Das Verbundvorhaben “Uckerbots: Konzept- und Technologieentwicklung für Schwarmrobotik zur Ausweitung des Bio- Zuckerrübenanbaus in der Uckermark” wird gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Wirtschaft (BMBF) im Programm „WIR! – Wandel durch Innovation in der Region“.

Erschien zuerst im/auf: querFELDein
Institution: Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde (HNEE)
Ansprechpartner/in: Prof. Ralf Bloch

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